Als elfter «Friedrich Dürrenmatt Gastprofessor für Weltliteratur» unterrichtet der türkische Schriftsteller Nedim Gürsel im Frühjahr 2019 an der Universität Bern. Er bietet ein wöchentliches Seminar zur Rolle der Religion, insbesondere des Islams, in der zeitgenössischen Literatur an.
Nedim Gürsel wurde 1951 in Gaziantep (Türkei) geboren. Er studierte Komparatistik an der Sorbonne in Paris, wo er auch promovierte. Nach dem Militärputsch 1980 wurden Gürsels Werke in der Türkei verboten, weshalb er seither in Frankreich lebt. Er lehrt in Paris und forscht zu türkischer Literatur am Centre national de la recherche scientifique.
Mehrfach ausgezeichneter – aber auch verfolgter Autor
Für seinen ersten Erzählband Un long été à Istanbul (1976, dt. «Ein Sommer ohne Ende») wurde Gürsel mit dem Preis der Akademie der türkischen Sprache ausgezeichnet. Es folgten zahlreiche Romane, Novellen und Essays, darunter etwa La première femme (1986, dt. «Die erste Frau»), Les Turbans de Venise (2001, dt. «Turbane in Venedig») und Au pays des poissons captifs – Une enfance turque (2004). Wegen seines autobiographischen Romans Les filles d’Allah (2008, dt. «Allahs Töchter») führte die türkische Justiz gegen Gürsel ein Strafverfahren wegen «Verunglimpfung der religiösen Werte des Volkes», das 2009 mit seinem Freispruch endete. 2016 erschien sein neuester Roman, Le fils du capitaine (dt. «Der Sohn des Hauptmanns»). Gürsels Werke wurden in zwölf Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet.
Welche Rolle spielt die Religion in der Literatur?
Der Islam, der Prophet Mohammed und dessen Rolle in der Literatur stehen im Zentrum von Gürsels Seminar mit dem Titel «Modernité et Tradition – La Religion dans la Littérature Contemporaine». Den Ausgangspunkt bildet sein 2018 erschienenes Buch La Seconde Vie de Mahomet – Le Prophète dans la Littérature.